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Aon Hewitt fordert neue Form der Garantie für die bAV

Der Consultant sieht das Risk Sharing-Modell als sinnvolle Lösung im Niedrigzinsumfeld.

Angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfelds und der steigenden Lebenserwartung werden die traditionellen deutschen Modelle der betrieblichen Altersversorgung immer häufiger hinterfragt. Lebensversicherer reagieren auf die Problematik meist mit einer Verringerung der Garantiezusagen oder Befristung der Garantien.

Eine bessere Lösung wäre nach Ansicht von Georg Thurnes, Chefaktuar bei Aon Hewitt, die Einführung einer neuen Garantiedimension: „So gut wie sicher“. Statt gekürzter garantierter Leistungen wird dabei eine höhere Auszahlung anvisiert, die allerdings nicht fix zugesagt ist, aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erbracht werden kann.

Das während der Anwartschaftsphase angesparte Kapital würde quasi in zwei Rentenbestandteile aufgeteilt: eine unterlegte, niedrig verzinste, festgelegte Garantierente plus eine Zusatzrente, deren Bezüge sich aus einer risikoreicheren Kapitalanlage speisen könnten – mit der Chance auf höhere Erträge und entsprechend höheren Auszahlungen – und dies von Rentenbeginn an.

Versorgungseinrichtung und Leistungsempfänger teilen sich also das Risiko. „Das geht in die Richtung der Modelle Defined Ambition beziehungsweise Collective DC, die in den Niederlanden und Großbritannien bereits angelaufen sind“, erläutert Thurnes. In Deutschland ist die Gesetzeslage bezüglich der Umsetzbarkeit allerdings nicht eindeutig.

Der große Vorteil eines solchen Modells liegt in der höheren Startrente für den Leistungsempfänger. „Die Kürzungen der traditionellen Garantien führen dazu, dass Pensionäre den Ruhestand mit immer geringeren Leistungszahlungen beginnen“, so Thurnes. „Zwar steigert sich das im Laufe der Zeit dank ausgezahlter Überschüsse, allerdings sind gerade die ersten Rentenjahre in der Regel die wertvollsten – und man muss schon ziemlich alt werden, um durch Überschüsse auf ein Rentenniveau zu kommen, das man bei teilweisem Garantieverzicht gleich von Beginn an erhalten könnte.“

Mit einem Modell der neuen Garantiedimension wäre es trotz Niedrigzinsumfeld weiterhin möglich, bereits zu Anfang des Ruhestands höhere Leistungen zu beziehen. „Die exakte Höhe ist aber eben nicht garantiert, nur ziemlich sicher“, erklärt Thurnes weiter. „Sie wird zu Rentenbeginn für ein Jahr festgelegt und dann nach 12 Monaten neu berechnet. Je nachdem, wie sich der Kapitalmarkt entwickelt, bekommt der Leistungsempfänger dann mehr, weniger oder das gleiche.“ Darin liegt laut Thurnes auch die Gewöhnungsbedürftigkeit des Modells: eine jährlich schwankende Rente.


Klare Kommunikation und gutes Controlling sind Pflicht
Wird von Anfang an transparent und offen kommuniziert, wie das Modell funktioniert, weiß der Rentenempfänger, was auf ihn zukommt. Es muss klar sein, dass die Auszahlung bei schlechtem Marktumfeld auch sinken kann und kein Anspruch auf die höhere Leistung des Vorjahrs besteht. Dennoch gilt es, das Risiko von Kürzungen zu minimieren. Der Leistungsanbieter muss die Kapitalanlage daher sorgfältig kontrollieren. „Natürlich sprechen wir hier von einer risikoreicheren Anlageform als beispielsweise Staatsanleihen“, so Thurnes. „Trotzdem sollte das Risiko gut kalkuliert sein, das Wohl der Leistungsberechtigten steht klar im Vordergrund.“ Ein professionelles und optimiertes Asset Liability Modelling ist daher unerlässlich.

Modell für Deutschland?
Grundlegend für die Umsetzbarkeit eines Modells mit der neuen Garantiedimension „so gut wie sicher“ ist die Zustimmung der Sozialpartner, sprich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer beziehungsweise deren Vertretungen. Sie sollten davon überzeugt sein, dass dieses Modell Vorteile für beide Seiten hat. Bei einer Direktzusage über ein Contractual Trust Arrangement (CTA) wäre ein solches System dann bereits jetzt problemlos umsetzbar. Auch bei Pensionskassen spricht formalrechtlich nichts gegen die Anwendung des neuen Modells. Dennoch gilt es hier, auch auf Seiten der Aufsichtsbehörde, sprich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Überzeugungsarbeit zu leisten. „Ihre oberste Priorität ist der Verbraucherschutz, daher sieht die BaFin bei neuen Modellen natürlich sehr genau hin“, so Thurnes.

In ersten Gesprächen hätten sich Vertreter aber durchaus aufgeschlossen gezeigt, zumindest bezüglich eines deutlichen Schrittes in die Richtung der neuen Dimension. Pensionsfonds haben derzeit allerdings keine Möglichkeit, mit der neuen Garantiedimension zu arbeiten: Nach §112 Abs. 1a VGA unterliegen sie nach Auslegung der BaFin in der Rentenbezugsphase strengen Rechnungsgrundlagen, die eine Investition in risikoreichere Kapitalanlagen fast unterbinden. „Ideal wäre es, wenn der Gesetzgeber – wie die Regierung der Niederlande – hier Schützenhilfe leistet und die Gesetzgebung den Marktbedingungen anpasst, nicht zuletzt aufgrund der drohenden Rentenlücke.“