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Kommentar: Das Drittland-Dilemma - Make or Buy im Immobilien Asset Management

Angesichts der Erfahrungen während der Lockdowns stellen sich nicht wenige Immobilienbestandhalter die Frage: Asset Management der Immobilien im Ausland - Make or Buy? Diese Analyse erläutert die unterschiedlichen Ansätze und benennt jeweils die Vor- und Nachteile. Welcher Strategie gehört im „New Normal“ die Zukunft: Selbst machen oder zukaufen?

Dr. Manfred Wiltschnigg

Die Möglichkeiten sind vielfältig: Sie reichen von der zentralen Steuerung aller Themen des Asset Managements in Drittländern durch Mitarbeiter der Unternehmenszentrale bis hin zur vollständigen Auslagerung aller entsprechenden Leistungen an externe Dienstleister. Davon ausgehend werden von den großen internationalen Investoren zahlreiche Mischformen umgesetzt. Dabei implementieren Bestandhalter für ihre Immobilien im Ausland nicht selten mehrere unterschiedliche Systeme gleichzeitig an den verschiedenen Standorten, oft abhängig von Länderspezifika, der Größe der Teilportfolios und der Verfügbarkeit geeigneter lokaler AM-Strukturen. Aber gibt es eine AM-Strategie für Drittland-Immobilien, die man aufgrund eigener Erfahrungen mit Fug und Recht favorisieren kann?

Der Beobachtung nach sind am häufigsten die folgenden drei Varianten anzutreffen:
1. Steuerung aus der Konzernzentrale
2. Gründung einer Niederlassung/Tochtergesellschaft
3. Auslagerung an unabhängigen Asset Manager vor Ort.

1. Steuerung aus Konzernzentrale - Fallstricke erkennen!
Was spricht für die Durchführung des Asset Managements von der eigenen Zentrale aus, gegebenenfalls mit Unterstützung durch einen qualifizierten Property Management-Dienstleister vor Ort? Dem vordergründig überzeugenden Argument, man könne wegen einiger Assets im Ausland nicht gleich eigene Strukturen errichten, ist auf den ersten Blick wenig entgegenzusetzen. Dafür spricht vor allem, dass bis auf gelegentliche Reisespesen des Zentralen Asset Managements (ZAM) keine unmittelbaren zusätzlichen Betreuungskosten anfallen. Sofern das Drittland nicht allzu exotisch ist, freuen sich die Mitarbeiter zumeist sogar über die Möglichkeit des vierteljährlichen Besuchs der Immobilien. Sollten gröbere Probleme in technischer oder kaufmännischer Verwaltung auftreten, so kann man diese jederzeit auf die evidente Minderleistung des Property Managers schieben.

Jedoch: Der opportunistischen Investoren liebste Beutestücke sind nicht zufällig einzelne Assets großer Bestandhalter, die in Drittländern liegen und direkt von den Zentralen AM-Abteilungen der früheren Eigentümer „mitgemanaged“ wurden. Denn der Wertverlust der derart betreuten Assets ist oft vorprogrammiert. Viele Property Manager geben sich ohne regelmäßige Kontrolle nicht ausreichend Mühe bzw. sind schlicht nicht ausreichend für die Bearbeitung komplexerer Asset Management-Themen qualifiziert. Missstände in den Objekten bleiben womöglich monate- bis jahrelang unentdeckt. Die Mieter haben nur den Property Manager als Ansprechpartner und kommen, da ein adäquates Key Account Management nicht zur Verfügung steht, mit ihren (berechtigten) Anliegen oft nicht durch. Der Property Manager ist in der Regel nicht auf das strategische Ziel der Wertsteigerung der Immobilie ausgerichtet. Zudem sind keine echten Disziplinarmaßnahmen möglich, bei Minderleistung bleibt bloß der Verwalterwechsel – und nicht selten kommt man da vom Regen in die Traufe.

Hinzu kommt: Die Mitarbeiter in der Zentrale kennen die Verhältnisse vor Ort nicht und so kann im Konzern kein Wissensaufbau über den Drittmarkt erfolgen. Information über die Wettbewerbssituation der Immobilie und eventuelle Änderungen auf dem lokalen Markt kommen beim Eigentümer somit nicht an. Speziell gut rentierliche, neue Assets mit Single Tenants und solidem Cashflow werden in der Zentrale im Laufe der Zeit „vergessen“, eine allmählich schlechter werdende Performance des Objekts geht im Portfolio unter. Nach Ablauf der ersten Mietlaufzeit, am Ende der geplanten Haltedauer bzw. bei der Vorbereitung des Verkaufs sind die Objekte dann häufig abgewirtschaftet. Die vermeintlich gute Performance von zehn Jahren erweist sich am Ende der Haltedauer als nicht nachhaltig, die attraktiven Gewinne mehrerer Jahre werden vom akut werdenden Investitionsrückstau locker absorbiert.

2. Niederlassung oder Tochtergesellschaft: Nachteile überlagern Vorteile
Häufig erfolgt daher das Asset Management durch eine eigene Niederlassung/Tochtergesellschaft vor Ort. Die Betreuung der Immobilie erfolgt im Zusammenwirken des Zentralen AM mit den Akteuren des örtlichen Asset Management, unterstützt von einem lokalen Property Manager. Zu den Vorteilen dieser Konstruktion zählt, dass jederzeit ein direkter Durchgriff der Konzernzentrale auf das lokale Asset Management möglich ist: Die Ausrichtung auf die Konzernziele kann leichter durchgesetzt werden. Ebenso ist eine langfristige Planung möglich und die Sicherstellung der AM-Services vor Ort gewährleistet, weil zwar einzelne Personen die Niederlassung verlassen, jedoch nicht das lokale AM als solches die Betreuung der Portfolios zurücklegen können. Die Auslandsniederlassung demonstriert lokale Präsenz und eine gewisse Unabhängigkeit von Dienstleistern. Überdies können AM-Services eventuell auch als Dienstleister für Dritte angeboten werden. Der Versicherungsschutz des Konzerns lässt sich fallweise auf die Niederlassung in Drittländern ausdehnen, manche Vorstände freuen sich auch über die Möglichkeit der Verschiebung von Overhead-Kosten hin zur Unternehmenstochter. Die Etablierung eines oft auch nur rudimentären eigenen Asset Managements vor Ort wird nicht selten als Argument bei der Investorenansprache verwendet bzw. von diesen als Bedingung für Kapitalzusagen verlangt.

Folgende Nachteile sind jedoch zu bedenken: Es fallen Kosten für die Errichtung der Gesellschaft, für Miete, technische Ausstattung und -anbindung an. Damit verbunden ist ein vergleichsweise hoher bürokratischer Aufwand für Steuerthemen, Lohnverrechnung, anwaltliche Beratung. Personalthemen wie Schwangerschaften, Krankenstände, Nachbesetzungen, Recruiting etc. beschäftigen die Konzernzentrale wie die lokale Niederlassung gleichermaßen. Dazu kommen Themen der inneren Organisation: Die Kompetenzabgrenzung zwischen zentralem und lokalen AM ist schwierig und führt speziell in Matrixorganisationen nicht selten zu Streitigkeiten. Oftmals gibt es keine echte Konzern-Sozialisierung der Mitarbeiter in der Niederlassung, die Folge sind zwei Unternehmenskulturen. Der Niederlassungsleiter wird bei vielen Themen übergangen, weil Geschäftspartner den direkten Zugang zu den Entscheidern in der Konzernzentrale suchen. Frustration ist die Folge. Hinzu kommt ein oftmals fehlender regelmäßiger Austausch mit dem Konzern. Das führt zu Informationsverlust. Außerdem herrscht regelmäßig eine hohe Fluktuation unter den lokalen Mitarbeitern, denen Karrierewege des Konzerns zumeist nicht offenstehen. Bei Verkauf von Immobilien werden Niederlassungen rasch unwirtschaftlich, die regelmäßig im Raume stehende Gefahr der Schließung führt zu geringerer Motivation der Mitarbeiter.

3. Unabhängiger Asset Manager vor Ort schafft nachhaltigen Mehrwert
Wenden wir uns der dritten Variante zu: Das Asset Management wird durch einen unabhängigen AM vor Ort im Zusammenspiel mit dem eigenen zentralen AM durchgeführt. Ein Nachteil scheint auf der Hand zu liegen: die Kosten. Diese sind allerdings verhandel- und kalkulierbar – und selbst mittelfristig im Vergleich mit der Errichtung einer eigenen Gesellschaft deutlich geringer. Zudem: Bei Minderleistung kann der Vertrag gekündigt, der Asset Manager gegen einen besseren Wettbewerber ausgetauscht werden. Manche Vorbehalte gründen sich darauf, dass der externe Asset Manager eben kein integraler Teil des eigenen Unternehmens ist. Wobei sich diese Sorgen schnell entkräften lassen, wenn im Idealfall ein geeigneter Partner mit entsprechender Unternehmenskultur zur Steigerung der Performance der Assets und Beförderung der Reputation und Bekanntheit des Auftraggebers gefunden wird. Als Nachteil wird gelegentlich auch angeführt, dass der externe Asset Manager im Normalfall keine Exklusivität gewährt, sondern als qualifizierter Dienstleister mehrere Mandate hält. Wenn jedoch auf das Vorhandensein ausreichender Ressourcen, auf Segmentexklusivität bzw. ein faires und überprüfbares Zuteilungssystem von Assets bei Ankäufen geachtet wird, ist die mehrseitige Verankerung eines leistungsstarken AM-Dienstleisters zumeist sogar von Vorteil. Exklusivität kann auch ungesunde Abhängigkeit von einem Auftraggeber bedeuten und eine kraftvolle Entwicklung des Asset Managers behindern.

Wesentliche Pluspunkte betreffen das Administrative: Der Auftraggeber muss sich um Personalthemen nicht sorgen. Krankheiten, Schwangerschaften, Personalsuche. Das wird alles ausgelagert. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten durch Dienstwagen, Geschäftsessen, Reisespesen, Werbekosten, Teilnahme an Branchenevents wie MIPIM, EXPO & Co. Hinzu kommt eine extrem hohe Dienstleistungsbereitschaft. Kleine Investmentboutiquen lassen keinen Raum für Beamtenmentalität. Flache Hierarchien und agile Teams stehen dem behäbigen Konzernalltag entgegen. Die Fluktuation unter den Mitarbeitern ist gering, die Motivation hoch. Überzeugen können die lokalen Partner in der Regel mit detaillierten Markt- und Objektkenntnissen. Das führt zwangsläufig zu einem besseren Zugang zu Ankaufsobjekten. Der Auftraggeber delegiert die Anbahnung, Steuerung bzw. Durchführung von weiteren Ankäufen an den lokalen Partner. Dieser übernimmt die Erstellung von Sanierungsplänen und Budgets. Außerdem kann der ortsansässige Asset Manager im Ankaufprozess die Bewertung, Führung und Information von externen Bewertern perfekt vorbereiten und einsteuern – bis hin zur Durchführung des kompletten Verkaufsprozesses. Für anspruchsvolle Mieter steht der lokale Asset Manager als qualifizierter Ansprechpartner vor Ort bereit.

Als Partner auf Augenhöhe übernimmt der lokale Asset Manager im Alltag Verantwortung – flexibel, unabhängig, kritisch – und agiert als Sparringpartner des Eigentümers. Das gemeinsame Ziel: die Wertsteigerung der Immobilie. Dabei liefert der Partner nicht nur eine objektbezogene, sondern eine umfassende Portfoliobetrachtung. Die externe Sicht auf Konzernstrategien oder Prozesse kann dabei sehr hilfreich, wenn nicht sogar heilsam sein. Konzerninterne Interessenskonflikte sind ebenfalls von vorneherein ausgeschlossen. Es kann kein „Image Cross-Over“ entstehen, wie es passiert, wenn beispielsweise eine Versicherung ihre Objekte selbst managed und das soziale Image der Versicherung mit dem harten Kurs des hauseigenen Asset Management kollidiert. Der externe Asset Manager als alleiniger Ansprechpartner steuert vor Ort alle weiteren Dienstleister. Durch größeres Marktgewicht und bessere Kenntnis von Kosten und Leistung ist dabei die Verhandlungsposition gegenüber den weiteren Dienstleistern oftmals vorteilhaft. Zudem kann er durch die räumliche Nähe den Property Manager permanent kontrollieren.

Fazit: Was funktioniert im „New Normal“?
Unter Berücksichtigung der oben diskutierten Vor- und Nachteile erscheint das Asset Management durch einen qualifizierten, unabhängigen Asset Manager vor Ort im Zusammenspiel mit dem eigenen Zentralen Asset Management (ZAM) und einem lokalen Property Manager als die weitaus erfolgversprechendste Variante. Schont Nerven, entlastet das Budget und führt, mit einem verlässlichen lokalen Partner, nachweislich zum Erfolg. Auf allen Ebenen.

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*) Dr. Manfred Wiltschnigg, Managing Partner, GalCap Europe