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BondUpdate: US-Credit – weniger Stress als es scheint

Bei Nominalzinsen auf Rekordtiefs, einer Inflation, die sich hartnäckig weigert auf das Zielniveau der US-Notenbank zu steigen und einer US-Zinskurve, welche heftig mit einer Inversion flirtet, ist es kaum verwunderlich, dass das Wort Rezession bei Anleiheinvestoren derzeit schwer im Magen liegt.

Stephan Bannier

Historisch betrachtet konnten wirtschaftliche Stress-Signale meist am deutlichsten an den Kreditmärkten ausgemacht werden. Interessant ist jedoch, dass die Kreditmärkte derzeit nicht das gleiche Maß an Stress signalisieren wie etwa die makroökonomischen Daten. Es lohnt sich, in die Details einzutauchen, um zu sehen, warum diese Diskrepanz besteht.

Option-Adjusted-Spreads von US-High Yield versus Investment Grade Unternehmensanleihen



Chart mit freundlicher Genehmigung durch Brandywine Global. Quelle: Bloomberg, Bank of America Merrill Lynch, Brandywine Global. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar. Index-Renditen beinhalten keine Gebühren oder Verkaufskosten. Diese Informationen dienen nur der Veranschaulichung und spiegeln nicht die Wertentwicklung einer tatsächlichen Investition wider.

Brian Kloss von Brandywine Global stellt fest, dass die beiden Schlüsselindikatoren (Kreditausfälle und Bewertung) darauf hindeuten, dass wir uns tatsächlich in der späten Phase des Kreditzyklus befinden. Das Ende naht jedoch noch nicht und es lassen sich immer noch Anlagemöglichkeiten finden.

Von besonderem Interesse ist aktuell die relative Bewertung von Investment Grade- zu High Yield-Anleihen. Obwohl Kloss feststellt, dass beide Sektoren für sich allein betrachtet hoch bewertet erscheinen, liegt der Spreadunterschied zwischen den beiden Sektoren am unteren Ende ihrer historischen Bandbreite. Davon könnten Investoren profitieren, indem sie eine eher defensive Ausrichtung im Hochzinssektor einnehmen, da dieser mit einer vergleichsweise geringen Prämie ausgestattet ist. Vereinzelt ergeben sich auch zusätzliche Chancen durch eine gezielte Titelauswahl in niedrig-gerateten Segmenten des Hochzinssektors sowie bei ausgewählten Schwellenländern.

Im Aufschwung: Die Rufe nach Konjunkturprogrammen
Viele der größten Zentralbanken der Welt verstärken ihre Anstrengungen zur Inflationsanhebung, indem sie die Zinsen senken und die quantitative Lockerung wieder in Gang setzen – bisher allerdings mit wenig Fortune. Die USA scheinen jedoch mit einer Kombination aus einer unterstützenden Notenbank und umfangreichen Staatsausgaben einige Erfolge bei der Aufrechterhaltung des Wachstums zu haben. Ende August 2019 lag das kumulative Haushaltsdefizit der USA bei etwas über 1,06 Billionen US-Dollar, fast 20% mehr als im August des Vorjahres. Die Gesamtverschuldung des Landes lag zum 23. September 2019 bei 22,61 Billionen US-Dollar, rund 13% mehr als zu Beginn des Jahres 2017.

Ein anschauliches Beispiel für die wachsende Nachfrage nach fiskalischen Lösungen findet sich in Deutschland, wo der vorherrschende Fiskalkonservatismus zwar einen Rekordüberschuss erzielt, sich die Lage in der Fertigung jedoch von schlecht auf noch schlimmer verändert hat. Und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die lange eine straffe Geldpolitik unterstützte, ist nun ganz vorne mit dabei, wenn es um die Forderung nach Staatsausgaben geht. Claudio Borio, Leiter der Abteilung für Finanzen und Wirtschaft bei der BIZ, erklärte kürzlich: „Sollte sich ein Abschwung einstellen, wird die Geldpolitik eine helfende Hand brauchen, nicht zuletzt durch einen sinnvollen Einsatz der Fiskalpolitik in den Ländern, in denen es noch Handlungsspielraum gibt."

Das Interesse an konzertierten fiskalischen und monetären Impulsen veranlasst den einen oder andren sogar, die seit langem vertretene Ansicht, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank von der Fiskalpolitik das beste Rezept für eine langfristig gesunde Wirtschaft ist, in Frage zu stellen. Die Debatte wird wohl weitergehen. Die Bereitschaft, alte Überzeugungen zu überdenken, kann längerfristig zu neuen Chancen und unweigerlich zu neuen Risiken führen.

Im Abseits: Das Verbrauchervertrauen in den USA
Der weithin beobachtete Conference Board Consumer Confidence Index verzeichnete den größten Rückgang seit Anfang 2019 und erreichte mit 125,1 ein Dreimonatstief, nachdem er im August 2019 bei (bereits nach unten korrigierten) 134,2 Punkten lag. Dem Index liegt eine monatlich durchgeführten Umfrage unter einer Stichprobe von 5.000 Befragten zugrunde. In der letzten Erhebung zeigte sich, dass der Anteil derjenigen, die glauben, dass Arbeitsplätze derzeit reichlich vorhanden sind, auf ein Dreimonatstief gefallen ist. Auf der anderen Seite ist der Anteil der Befragten, die sagen, dass Arbeitsplätze schwer zu bekommen sind, ebenfalls gesunken.

Rückblickend auf das zweite Quartal 2019, wo das Wachstums der privaten Konsumausgaben bei 4,7% gegenüber dem Vorquartal lag, ließe sich argumentieren, dass das Verhalten der US-Verbraucher nicht mit ihren pessimistischeren Aussichten, wie sie in der genannten Umfrage zum Ausdruck kamen, übereinstimmt. Dennoch gibt der Index einen Hinweis darauf, dass schwierige Zeiten bevorstehen könnten, denn er verdeutlicht quasi die Tendenz zwischen dem letzten tatsächlich ausgegebenen und dem als nächstes auszugebenden US-Dollar.

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*) Stephan Bannier, CFA, ist Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.