Foundation | Welcome

Menu


Österreich: Habemus Alterssicherungskommissions-Vorsitz!

Nach drei Jahren Vakanz hat sich für die von der österreichischen Regierung im Jahr 2000 gebildete „Alterssicherungskommission“ eine neue Vorsitzende gefunden. Reformen sind so schnell jedoch keine zu erwarten und der Ex-Vorsitzende kritisiert Systemprobleme. Ein Lagebericht aus Wien.

Seit kurzem ist Christine Mayrhuber, Ökonomin am Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), neue Vorsitzende der Alterssicherungskommission. Ihr Vorgänger, Walter Pöltner, Politiker und Jurist, hatte im Herbst 2021 die Position aus Protest niedergelegt. Er sagte damals gegenüber der Austria Presse Agentur (APA), er gehe „aus Frust, weil die Politik die langfristige Sicherung der Pensionen, aber auch der Pflege, nicht ernst genug nimmt“.

Seither war die Position vakant und wurde interimistisch von Mitgliedern der Kommission geführt. Das Gremium, bestehend aus Vertretern der Regierung und der Sozialpartnerschaft, soll die Bundesregierung in Sachen Rentenausgaben (in Österreich Pensionsausgaben genannt) beraten.

Pöltner hatte in seiner Rolle als Vorsitzender wiederholt vor den steigenden Kosten des staatlichen Rentensystems gewarnt. Vor allem durch den demografischen Wandel muss die Bundesregierung in das Umlageverfahren mehr Geld nachschießen. Neben der Bezahlung der Beamtenpensionen schlägt sich mit knapp über 5% des BIP auch dieser „Bundeszuschuss“ mit wachsenden Kosten im Budget nieder.

Bei der Angelobung der neuen Vorsitzenden, betonte Sozialminister Johannes Rauch – wie auch praktisch alle seiner Vorgänger -, dass es noch kein Problem gebe: „Die bisherigen Prognosen der Alterssicherungskommission zeigen, dass die langfristige Finanzierung des Systems gesichert ist. Die hohe Inflation, ein geringeres Wirtschaftswachstum und die demografische Entwicklung werden in den kommenden Jahren allerdings zu Mehrausgaben führen. Es ist deshalb wichtig, das tatsächliche Pensionsantrittsalter näher an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen.“

Die Idee einer tatsächlichen Reform, wie die Anhebung des Regelpensionsalters, sprach Rauch aber – wie auch alle seine Vorgänger – nicht aus. Vor allem nicht im diesjährigen Wahljahr.

Sieg der Wissenschaft?
Durch Sonderregelungen gehen seit Jahren vor allem viele Männer vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter (derzeit noch 65 Jahre für Männer und 60 für Frauen) in Ruhestand - im Jahr 2021 mit knapp 62 Jahren, wohingegen Frauen, die in Pension gingen, zu diesem Zeitpunkt bereits im Durchschnitt die 60 Jahre erreicht hatten.

Das Regelpensionsalter von Frauen wird derzeit in Halbjahresschritten bis 2033 an jenes der Männer angepasst. Erst danach will die neue Alterssicherungskommission-Vorsitzende neue Reformschritte setzen. Etwa eine neu-Berechnung der Abschläge, die Personen bei verfrühtem Rentenantritt in Kauf nehmen müssen.

Mit Mayerhuber übernimmt erstmals eine Person aus der Wissenschaft die Leitung des Gremiums.

In einem Interview sagte sie – ohne Details zu nennen: „Die Politik benötigt dringend einen Überblick über die finanzielle Entwicklung. Was aber bisher in der Kommission passiert ist, ist nicht optimal.“

Vor wenigen Tagen verriet ihr Vorgänger, Pöltner, jedoch in Wien, was für ihn das wahre Problem der Kommission ist: „Es sind genug Zahlen vorhanden, aber bei der Alterssicherungskommission wird das Pferd von hinten aufgezäumt.“ Denn zuerst bereiten Mitarbeiter der Ministerien die Zahlen auf und die Minister stimmen die daraus entstehenden Berichte auf einen Konsens ab. Dann erst werden diese der Alterssicherungskommission vorgelegt. „Was sollen sie dann noch machen?“, so Pöltner lakonisch.

Er würde sich wünschen, dass zuerst die Alterssicherungskommission die Daten aufbereitet, diese dann dem Ministerrat vorlegt. Danach würde er sich wünschen, dass es im Parlament einen „Ausschuss zu finanziellen Auswirkungen des demografischen Wandels“ gebe.

Die neue Vorsitzender der Alterssicherungskommission war bei seinem Vortrag anwesend. Die restlichen Zuhörer, allesamt bestens mit der Pensionsthematik vertraut, zeigten sich in anschließenden Gesprächen vorsichtig gespannt, ob jetzt Bewegung in die Thematik kommen könnte.