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Kommentar: In Emerging Markets liefern aktive Manager Mehrwert

Aktive Fondsmanager stehen manchmal pauschal in der Kritik. Ein gängiger Vorwurf lautet, dass die meisten von ihnen den Markt nicht schlagen und trotzdem hohe Gebühren von den Anlegern kassieren. Richtig ist: Wer an effiziente Märkte glaubt, die alle verfügbaren Informationen adäquat einpreisen, der sollte wohl ein passives Investment auswählen. In einem ineffizienten Markt hingegen können aktive Manager signifikante und nachweisbare Mehrwerte generieren. Ein Paradebeispiel dafür sind Emerging Markets. Mit gezielter Titelselektion, Portfoliokonstruktion und gutem Risikomanagement schaffen es viele aktive Manager in den Emerging Markets, dauerhaft den Markt zu schlagen.

Patricia Ribeiro

Im Vergleich mit einem Investment in den iShares MSCI Emerging Markets ETF erzielten zwei Drittel der aktiven Emerging Markets-Fonds im Zeitraum zwischen Ende April 2003 und Ende Februar 2020 eine Überrendite. Das zeigt eine Auswertung der Performance von 210 aktiv verwalteten Emerging Markets-Fonds des Datenanbieters FactSet. Nur das schlechteste Drittel der Fonds schnitt schlechter ab als das passive Investment. Interessant dabei: Die Überrendite des besten Drittels fällt beinahe doppelt so hoch aus wie die Underperformance des schlechtesten Drittels.

Ein wesentlicher Grund für den positiven Wertbeitrag aktiver Manager in Emerging Markets ist die Ineffizienz dieser Märkte. Zwar verbessert sich der Zugang zu Informationen über die Unternehmen, doch unter dem Strich sind die Schwellenmärkte nach wie vor weniger effizient als die entwickelten Märkte. Informationen werden nicht so schnell eingepreist und verlässliche Daten sind teils schwieriger zu beschaffen. Im Vergleich zu den entwickelten Märkten decken weniger Finanzanalysten die aufstrebenden Unternehmen ab, und viele Wachstumsfirmen haben überhaupt keine Analystenabdeckung. Das ist bei kleineren Unternehmen besonders ausgeprägt.

Viele Firmen in den Emerging Markets sind zudem weniger transparent. Eine weniger gute Finanzberichterstattung, schlechterer Zugang zum Management sowie sprachliche und kulturelle Barrieren führen oft zu weniger Transparenz – auch mit Blick auf die Unternehmensführung. Dies führt zu einer größeren Streuung der Gewinnprognosen von Analysten, einer höheren Wahrscheinlichkeit von Gewinnrevisionen und mehr Überraschungen, sowohl positiver als auch negativer Art. In einem solchen Umfeld können gute Fundamentalanalyse und gezielte Titelauswahl den Unterschied machen.

Die Titelauswahl ist aus einem weiteren Grund besonders wichtig: Die Volatilität in Emerging Markets ist deutlich höher als in entwickelten Ländern, während die Renditeverteilung auf die einzelnen Aktien besonders weit gespreizt ist. Wie hoch die Schwankungen sind, zeigt etwa die Standardabweichung von Emerging Markets-Aktien an, die zum Ende des Jahres 2019 bei einem hohen Wert von 17,08 lag. Indes belief sich die Standardabweichung von Aktien aus entwickelten Ländern (ex-USA) nur auf 14,53, wie FactSet-Daten belegen. In einem ohnehin volatilen Markt ist zusätzlich eine große Kluft zwischen guten und schlechten Aktien zu beobachten. Das ist in einzelnen Jahren besonders extrem: Im Jahr 2006 beispielsweise brachte die schwächste Aktie im MSCI Emerging Markets Index ein Minus von 63 Prozent ein, während die stärkste Aktie ein Plus von über 1.000 Prozent einfuhr. Aktive Titelselektion ist in einem solchen Markt natürlich besonders vielversprechend.

Höchst unterschiedlich entwickeln sich nicht nur die einzelnen Firmen, sondern auch ihre jeweiligen Heimatländer. Auch dies ist ein gewichtiges Argument für einen aktiven Managementansatz. Auch wenn sie oft über einen Kamm geschert werden, bewegen sich die Emerging Markets nicht unbedingt im Gleichlauf. Viele Anleger agieren zwar so, als ob sich verändernde wirtschaftliche Bedingungen wie die Entwicklung des US-Dollars, Rohstoffpreisschwankungen oder Handelskonflikte auf alle Emerging Markets und ihre Unternehmen in gleicher Weise auswirken. Doch das ist nicht der Fall. Emerging Markets sind stärker von den jeweiligen lokalen wirtschaftlichen Bedingungen beeinflusst und weniger durch globale makroökonomische Trends als es die entwickelten Märkte sind. Tatsächlich erwirtschaften Unternehmen in den Emerging Markets etwa 71% ihrer Umsätze im jeweiligen Binnenmarkt. Bei Firmen in entwickelten Ländern liegt diese Quote nur bei 34%.

Demgegenüber gibt es auch in den Emerging Markets große, global aufgestellte Konzerne, die auf makroökonomische Ereignisse wie ein Unternehmen aus den entwickelten Märkten reagieren. Ausgerechnet diese Schwergewichte dominieren wegen ihres höheren Börsenwerts die großen Emerging Markets-Indizes. Wer also passiv in solche Indizes investiert, der büßt eben die Diversifizierungsvorteile ein, die er mit einem Investment in Emerging Markets eigentlich erzielen will. Aktive Portfoliomanager können hingegen im Rahmen ihres Risikomanagements das Engagement in solchen Unternehmen selektiv erhöhen, verringern oder ganz vermeiden.

Einigen gelingt das besonders gut: Das oberste Quartil der aktiven Manager hat in den vergangenen Jahren in jeder Marktphase Überrenditen gegenüber dem MSCI Emerging Markets Index zwischen zwei und vier Prozent erzielt. Abwärtsbewegungen hingegen nahmen die Manager des besten Quartils hingegen nicht vollständig mit, sondern nur zu Werten von um und teils deutlich unter 90%. Selbst das zweitbeste Quartil kann in diesem Zeitraum noch stetige Überrenditen vorweisen und hat zugleich die Abwärtsbewegungen nur zu Werten von um und unter 95% mitgenommen. Schon das kann auf lange Sicht einen großen Unterschied ausmachen.

Bei all dem sollten Investoren vor Augen haben, dass sich die Emerging Markets stetig und sehr dynamisch weiterentwickeln. Wie stark, das zeigt auch die Zusammensetzung der Indizes, die sich im Laufe der Jahre stark verändert hat. Entwicklungsländer, die stark von Rohstoffen und Energie abhängig und stark den Währungsschwankungen ausgesetzt sind, dominierten früher die aufstrebenden Märkte. Im Jahr 2007 standen die „alten“ Sektoren wie Energie-, Rohstoff-, Telekommunikations- und Industrieunternehmen für mehr als die Hälfte des MSCI Emerging Markets, während verbrauchernahe Unternehmen weniger stark vertreten waren. Heute haben sich die Dinge geändert: Die Gewichtung von verbraucherbezogenen Unternehmen hat sich in den letzten 12 Jahren mehr als verdoppelt, und auch die Informationstechnologie hat massiv an Bedeutung gewonnen.

Im Blick nach vorn mögen es Sektoren anderer Unternehmen sein, die besonders erfolgreich sind. Der Index wird dies erst im Nachhinein erkennen lassen. Aktive Manager können nach den vielversprechendsten, wachstumsstärksten oder auch nach den risikoärmsten Unternehmen schon heute suchen. In der Vergangenheit waren sie dabei sichtbar erfolgreich.

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*) Patricia Ribeiro ist Senior Portfolio Manager für Emerging Markets-Strategien bei American Century Investments.