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„Geduld gehört zu unseren wichtigsten Eigenschaften“

Nur wenige Asset Manager zeigen bei ihrem Eintritt in den deutschsprachigen Markt eine derart langfristige Philosophie auf wie Baillie Gifford. Dies gilt sowohl auf der Investmentseite als auch bei den eigenen unternehmerischen Zielen. IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit David Gaschik, Leiter der Niederlassung für Deutschland und Österreich von Baillie Gifford Investment Management (Europe) Ltd. in Frankfurt über die Besonderheiten des vor 111 Jahren in Edinburgh gegründeten Asset Managers.

David Gaschik

IPE D.A.CH: Herr Gaschik, beim Blick auf die mittlerweile 111-jährige Geschichte fällt auf, dass Baillie Gifford meist frühzeitig das Potenzial neuer Technologien erkannt und investiert hat. So fanden sich beispielsweise Amazon, Illumina und Tencent bei Ihnen frühzeitig in den Portfolios wieder. Woher kommt die Bereitschaft?
Gaschik: Das hat viel mit der Partnerschaftsstruktur bei uns im Hause zu tun. Die Firma gehört 43 – allesamt im Unternehmen aktiven – Partnern. Wir haben als Firma keinerlei Reporting-Pflicht gegenüber dem Kapitalmarkt und müssen damit auch keine Erwartungen an Quartalszahlen erfüllen. Der Zeithorizont bei uns ist langfristig ausgelegt. Wir sind „patient capital“, und das wird bei uns auf allen Ebenen gelebt. Entsprechend haben wir auch bei jungen Unternehmen, denen wir viel zutrauen, Geduld. Es kommt nicht auf kurzfristige Gewinne an, wenn die langfristige Story stimmt.

IPE D.A.CH: Eine Story bzw. Herangehensweise, die in Zeiten von Sektorquoten und Faktorgewichten in der Investmentindustrie aber nicht immer leicht zu vermitteln ist…
Gaschik: In der Tat, aber ich bin überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Der Markt mag bei Aktieninvestments immer mehr auf Faktorengewichtungen, regionale Allokationen oder auch spezifische Sektorwetten schauen. Aber ist das für erfolgreiches Investieren wirklich relevant? Schaut man durch den ganzen kurzfristigen „Lärm“ an den Finanzmärkten hindurch so ist es doch am Ende das Wachstum welches die Aktienkurse langfristig bestimmt. Aus unserer Sicht ist wichtig, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen ein Unternehmen langfristig schaffen kann. Hier bleibt letztlich ein doppelter Profit hängen, der positive Effekt für die Gesellschaft und die Gewinnsteigerung für das Unternehmen.

IPE D.A.CH: Ein durchaus auch nachhaltiger Ansatz, wenn ich die aktuelle Nomenklatur zitieren darf?
Gaschik: Sie haben einige unserer Portfoliopositionen bereits eingangs erwähnt. Wenn wir beispielsweise bei einem Unternehmen überzeugt sind, dann gehen wir den Weg langfristig mit. Wir sind Investoren und keine Spekulanten. Viele der Unternehmen, in die wir investieren, arbeiten an, mit oder durch neue Technologien, die das Zeug dazu haben, unsere Gesellschaft insgesamt zu verändern. Viele Technologien können beispielsweise dazu beitragen, unseren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Als aktiver Investor sind wir mit unserem 20-köpfigen Corporate Governance Team im Dialog mit vielen Unternehmen und machen die Erfahrung, dass die Firmen am Austausch mit uns interessiert sind.
 

IPE D.A.CH: Heruntergebrochen auf einzelne Portfoliopositionen – wie würden Sie die Vorgehensweise bei einer Investmententscheidung kurz umschreiben?
Gaschik: Wir suchen Werte, die sich nicht nur verdoppeln, sondern vervielfachen können. Hat das Unternehmen das Potenzial dazu? Diese Frage stellen sich unsere Portfoliomanager bei jeder Firma, die sie sich anschauen. Dabei haben wir einen Investmenthorizont von größer als fünf Jahren. Geduld gehört also zu unseren wichtigsten Eigenschaften. Entsprechend werden übrigens auch unsere Portfoliomanager incentiviert. Dies geschieht über einen Betrachtungsraum von fünf Jahren, man muss also nicht mit jedem Investment richtig liegen. Entscheidend ist vielmehr, bei einigen der großen Gewinnern im Markt dabei zu sein.

IPE D.A.CH: Ich habe in Ihren Zahlen gesehen, dass der Turnover bei den Mitarbeitern auf Sicht von zehn Jahren nur bei rund 4% liegt. Sie sind noch nicht so lange dabei, aber worauf führen Sie diese niedrige Zahl zurück?
Gaschik: Der Schlüssel liegt in unserer Organisation als Partnerschaft. Neben der bereits angesprochenen Langfristdenke hat diese auch eine einzigartige Unternehmenskultur geschaffen, die auf der einen Seite Talente anzieht, die sich ohne den kurzfristigen Druck weiterentwickeln können. Auf der anderen Seite hilft sie – mittlerweile in der siebten Partnergeneration – aber auch, extrem stabile Bindungen zu unseren Kunden und auch Portfoliounternehmen aufzubauen. Es gibt Verlässlichkeit und ebenso den Raum dafür, weiter zu denken als bis zum nächsten Quartalsende. Das spürt jeder.

IPE D.A.CH: Bislang sind erst rund 7% der Baillie Gifford verwalteten Gelder von europäischen Investoren, das soll sich nun ändern. Wie ist der Plan?
Gaschik: So, wie Sie es von uns vermutlich erwarten – langfristig. Den Partnern ist klar, dass wir gerade in Kontinentaleuropa erst einmal das Vertrauen der Investoren gewinnen und sie für unsere Strategie und Denke begeistern müssen.

IPE D.A.CH: Werden Sie dabei ein rein institutionelles Haus bleiben?
Gaschik: Bei uns stehen ganz klar institutionelle Investoren im Fokus, derzeit verwalten wir rund 87% der uns anvertrauten Gelder für institutionelle Adressen. Wir sehen aber zunehmend auch Interesse aus dem Wholesale-Sektor, hier insbesondere von Dachfonds bzw. Family Offices. Den klassischen Finanzberater-Markt werden wir aber weiterhin nicht bedienen.

IPE D.A.CH: Wir haben viel über 5-Jahres-Zeiträume gesprochen. Abschließende Frage - was ist Ihr Ziel mit Baillie Gifford in Deutschland im Jahr 2024?
Gaschik: Da halten wir es wie bei unseren Investments: Wir sind nach Deutschland gekommen, weil wir hier große Wachstumschancen für uns sehen, aber ein konkretes ‚Kursziel‘ haben wir nicht. Wir sehen unseren Zweck darin, ein vertrauensvoller Kapitalgeber für wachstumsstarke Unternehmen zu sein – und dadurch gute Renditen für unsere Kunden zu erwirtschaften. Der betriebswirtschaftliche Erfolg ergibt sich daraus automatisch.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.